Als Carl Benz den „Motorwagen Nummer 1“ am 29. Januar 1886 beim Reichspatentamt unter der Nummer 37435 anmeldete, haben nur die wenigsten seiner Zeitgenossen darin einen Meilenstein in der Geschichte der Technik gesehen. So wurde das für die damalige Zeit seltsam anmutende, größtenteils aus Fahrradteilen bestehende Fahrzeug mit drei Rädern von vielen Seiten als „Spinnerei“ und „unnötiger Humbug“ abgetan. Benz bewies jedoch Durchhaltevermögen. Wurden bis 1893 insgesamt nur 69 Fahrzeuge verkauft, war er bereits fünf Jahre später im Begriff, seine Werkstatt zur größten Automobilfabrik der Welt auszubauen. 2.000 Fahrzeuge hatte Benz bis dahin verkauft, die Jahresproduktion lag bei 750 Stück. Heute wissen wir, dass Carl Benz mit der Erfindung des Automobils Industriegeschichte geschrieben hat. Der rasante technologische Fortschritt hat damals zu einer tiefgreifenden und dauerhaften Umgestaltung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse, der Arbeitsbedingungen und Lebensumstände in Europa und der Welt geführt.

Heute – etwa 150 Jahre später – erleben wir die mittlerweile vierte Phase der industriellen Revolution, doch sind die dadurch entstehenden wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen nicht weniger tiefgreifend als zu Zeiten von Carl Benz, Werner von Siemens oder Robert Bosch. Letztendlich bedeutet fortschrittlich zu denken, heute wie damals, an die Umsetzbarkeit und wirtschaftlichen sowie gesellschaftlichen Potenziale von technologischen Visionen zu glauben.

Ein paar Beispiele :

  • Wir als Microsoft sind davon überzeugt, dass der Einsatz digitaler Technologien das Gesundheitswesen verlässlicher, individueller und präventiver machen wird. Die intelligente Auswertung großer Datenmengen wird es Forschern und Ärzten ermöglichen, effizientere und zugleich personalisierte Behandlungsmethoden zu entwickeln, welche die medizinische Versorgung nachhaltig verbessern werden.
  • Die neue Welt des Arbeitens wird flexibler, mobiler und produktiver sein. Neue Technologien ermöglichen es virtuellen Teams, über kontinentale Grenzen hinweg zusammenzuarbeiten, Wissen und Ideen nahtlos auszutauschen und somit Kreativität und freiheitliches Denken zu fördern.

Dabei geht es nicht um die Realisierung von technologischem Fortschritt als Selbstzweck.

  • Big-Data- und Machine-Learning-Technologien in Kombination mit Cloud Computing ermöglichen uns, aus Daten für uns relevante Informationen/Insights zu generieren, auf Basis derer wir in der Lage sind, einfacher, schneller und verlässlicher geschäftsrelevante Entscheidungen zu treffen und damit wirtschaftliches Wachstum zu stärken.
  • Die digitale Transformation ist zu einem entscheidenden Faktor geworden, um Deutschlands Position als führende Industrienation im globalen Wettbewerb langfristig zu sichern.

Unsere zentrale Herausforderung besteht nun darin, die beschriebenen Chancen schnell und umfassend zu nutzen.

Dazu ist es wichtig, dass die Teilhabe an technologischem Fortschritt für alle gesellschaftlichen Gruppen von Beginn an gewährleistet ist. Der Schlüssel hierfür liegt in der Förderung von digitaler Qualifizierung, die sich zukünftig über alle Altersklassen hinweg erstrecken muss. Wir unterstützen daher Lehrer und Eltern dabei, Kindern und Jugendlichen frühestmöglich einen umfassenden und verantwortungsbewussten Umgang mit digitalen Technologien zu ermöglichen:

  1. Mit der Initiative „Schlaumäuse – Kinder entdecken Sprache“ engagiert sich Microsoft bereits seit dem Jahr 2003 für die frühkindliche Sprachförderung in Deutschland. Mithilfe einer eigens entwickelten, kostenlosen Lernsoftware können Kinder im Alter von fünf bis sieben Jahren spielerisch die deutsche Sprache lernen und gleichzeitig den sinnvollen Umgang mit digitalen Medien üben.
  2. Die Initiative „Code Your Life“ vermittelt Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen zehn und vierzehn Jahren grundlegende Kenntnisse des Programmierens und soll Lust machen auf digitale Arbeitsplätze und Karrieren in der Technologiebranche.
  3. MicrosoftImagine: kostenlose Microsoft Software, Events, Technologiewettbewerbe, Förderprogramme (Student Partner) für Schüler, Studierende
  4. Darüber hinaus begleitetet Microsoft junge Erwachsene mit internationalen Programmen wie BizSpark von der Schule über die Universität bis zu den ersten beruflichen und unternehmerischen Erfahrungen, um Fachkräfte und Unternehmertum in der Technologiebranche zu fördern.
  5. Als Speerspitze unseres Gründerengagements in Deutschland haben wir Ende 2013 in Berlin mit dem Microsoft Accelerator einen Ort geschaffen, der erfolgversprechenden Hightech-Startups in ihrer Frühphase für einen Zeitraum von vier Monaten umfassendes Mentoring, Coaching und Workshops zu Technologie, Design, Business Development, Marketing und HR bietet.

Wir leben in einer spannenden Zeit: Fast jeder Aspekt unseres Lebens wird durch Technologie verändert – und das in atemberaubendem Tempo.

Und damit spielt In allen Bereichen des heutigen Lebens Programmieren eine wichtige Rolle. Viele Dinge des tagtäglichen Gebrauchs sind nur durch das Schreiben von Computer Codes möglich geworden. Auf dem Arbeitsmarkt werden händeringend qualifizierte Nachwuchskräfte und junge Unternehmer im Bereich ITK gesucht. Dahingehend sind Informatik- und Programmierkenntnisse mittlerweile zu einem Schlüssel für zukünftige Potentiale und Karrieren in der Arbeitswelt geworden. 

Dabei geht es nicht nur darum, zu lernen, wie Software geschrieben wird. Um einen Roboter zum Laufen zu bekommen oder um den eigenen Avataren im Spiel die richtigen Handlungen für eine Aufgabe beizubringen, benötigen die jungen Menschen Abstraktionsfähigkeit, Kreativität und Problemlösekompetenz.

Nicht nur wir, sondern auch Eltern fordern mehr Medieneinsatz

Aus meiner Sicht wird an den Schulen Informatik und Programmieren viel zu spät – wenn überhaupt -eingeführt. Es ist so kurzsichtig zu behaupten, die Kinder würden mit Technologien automatisch aufwachsen. Der sinnvolle Umgang und das Hintergrundwissen sollte aber schon von klein auf unterrichtet werden. Für Eltern ist es gar nicht so leicht, ihre Kinder hier beim Umgang mit den neusten Technologien zu unterstützen. Auch hier sollten Unternehmen und Politik Unterstützung anbieten. Mein Sohn hat bereits im Kindergarten ersten Kontakt mit Technologien gehabt und den Umgang mit der Maus geübt. In der Grundschule kamen Recherchen mit dem Computer hinzu. Auf dem Gymnasium hat er nun Informatikunterricht und kommt auch gut mit.

Das Erlernen von Programmiersprachen ist genauso wichtig wie Rechnen, Schreiben und Lesen

In der Politik wird oft gesagt, dass man Programmiersprachen lernen muss, um nicht den Anschluss in der digitalen Welt zu verpassen. Wenn man es jedoch genauer betrachtet, geht es weniger um das Erlernen der Programmiersprachen. Es geht eher darum, ein Verständnis für informatische Prozesse zu entwickeln und die digitale Welt zu begreifen. Dazu gehört vor allem die Fähigkeit, Aufgaben klar zu strukturieren und Probleme lösungsorientiert zu bewältigen. 
Beim Programmieren geht es in erster Linie darum, eine Aufgabe strukturiert zu bearbeiten und Lösungswege aufzuzeigen. Sich einfach nur vor den Rechner setzen und einen Code eingeben, funktioniert nicht. Es erfordert sehr viel mehr Kreativität und Durchhaltevermögen. Außerdem schult es die Fähigkeit komplex zu denken, um die einzelnen Programmierschritte auf ein Minimum zu reduzieren. 

Digitalkompetenz wird zu einem wesentlichen Wirtschaftsfaktor werden. In einer Studie vom Bitkom geben neun von zehn Unternehmen an, dass die Digitalkompetenz der Beschäftigten genauso wichtig, wie fachliche, oder soziale Kompetenz ist, und fordern dezidiert Weiterbildungen in diesem Bereich. Umso ernüchternder ist es, dass nur 31 Prozent der Unternehmen eine Strategie zur digitalen Weiterbildung ihrer Beschäftigten haben. Ich bin davon überzeugt, dass wir auch im BigData-Zeitalter weltweit an der Spitze sein können. Allerdings müssen wir über alle Bildungsbereiche hinweg Digitalkompetenz fördern und fordern. Hier gibt es noch viel zu tun.

Denn laut der International Computer and Information Study (ICILS) vom Herbst 2014 besitzen 30 Prozent der zwölf- und dreizehnjährigen Schüler in Deutschland im weltweiten Vergleich keine bis wenige digitale Kompetenzen. Diese Zahl ist durchaus alarmierend. Bisher ist es meist so, dass diejenigen über hohe Digitalkompetenz verfügen, die aus einem sehr bildungsnahen Elternhaus kommen, oder zufällig bei einem Unternehmen arbeiten, dass sie digital weiterbildet. Digitalkompetenz darf aber kein Elitenphänomen werden. 
Wir sollten gemeinsam in Deutschland für digitale Bildung eintreten, die Vermittlung digitaler Fähigkeiten im Curriculum fest verankern, die Schulen besser ausstatten und die Lehrer fortbilden.

Kompetenz in der Computer­ und Internetnutzung, Vertrautheit im Umgang mit einer Vielzahl digitaler Geräte – alles das sind wesentliche Voraussetzungen, um in der digitalen Wirtschaft des 21. Jahrhunderts auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich zu sein. Für Regierungen kann der Ausbau der digitalen Bildung eine Schlüsselrolle bei der Förderung von sozialer und wirtschaftlicher Teilhabe, der Erhöhung der öffentlichen Sicherheit, der Steigerung des bürgerschaftlichen Engagements und der Verbesserung der Zugänglichkeit von Dienstleistungen der öffentlichen Hand spielen. Und für Unternehmen sind Arbeitskräfte mit ausgeprägten Computerkenntnissen entscheidend für den Aufbau erfolgreicher cloudbasierter Firmen – was mittlerweile die Grundlage für die Schaffung von Innovationen in  jeder Branche ist. Im Moment entstehen in vielen innovativen Unternehmen Arbeitsplätze mit hohen Anforderungen bei den Computerfähigkeiten, und das schneller, als passend ausgebildete Arbeitskräfte gefunden werden können.

Dabei stehen wir aber gemeinsam vor großen Herausforderungen:

Obwohl der Zusammenhang zwischen digitaler Bildung und wirtschaftlichen Chancen allgemein anerkannt wird, haben viele Regierungen Probleme damit, ihre Ziele bei der Steigerung der digitalen Bildung zu erreichen. Das gilt insbesondere angesichts konkurrierender politischer Prioritäten und begrenzter Budgets. Die Lösung liegt im Ausbau des Zugangs zu Bildungsprogrammen, die der Steigerung der digitalen Kompetenz dienen.  Dazu zählen Programme mit Schwerpunkt bei der Softwareprogrammierung sowie weiterer, für das 21. Jahrhundert wesentlicher Fertigkeiten, zum Beispiel digitale Kommunikation und Zusammenarbeit, computerorientiertes Denken und Problemlösungskompetenz.

Politische Empfehlungen:

Programme, die digitale Bildung zu einer grundlegenden Komponente der Bildung auf allen Ebenen machen, und die Unterstützung von Arbeitskräften beim Ausbau dieser Fertigkeiten über ihr gesamtes Berufsleben hinweg sind für jede Gesellschaft entscheidend, der es um die Nutzung der potenziellen Vorteile von Cloud-Computing geht. Diese Vorteile bewirken ein höheres wirtschaftliches Wachstum und erweiterte Chancen. Sie helfen dabei, soziale Probleme zu lösen und steigern das bürgerschaftliche Engagement und die Eigenverantwortlichkeit. Zu wesentlichen Maßnahmen auf diesem Gebiet zählen:

Integration der digitalen Bildung in den allgemeinen Lernstoff:

Wir sollten uns vom aktuellen Ansatz beim Vermitteln von Technologiekompetenzen verabschieden, große Kindergruppen für 45 Minuten in ein spezielles Computerkabinett zu schicken – und danach müssen sie für den restlichen Unterricht wieder zu Papier, Kugelschreiber und Kreidetafel zurückkehren. Digitale Bildung kann auch entwickelt werden, indem Computer, Software und Online­ Dienste in anderen Fächern eingesetzt werden. So werden die Schüler mit Informations­ und Kommunikationstechnologie und Cloud-Computing vertraut gemacht, ohne dass ihnen das bewusst wird. 

Förderung von unternehmerischer Kompetenz:

Politische Entscheidungsträger realisieren dankenswerter Weise zunehmend, dass durch Unternehmergeist und kleine Unternehmen viele Arbeitsplätze geschaffen werden und das wirtschaftliche Wachstum angekurbelt wird. Regierungen können zur Förderung von Unternehmertum und der Gründung von Kleinunternehmen beitragen, indem sie in Zusammenarbeit mit großen Unternehmen und gemeinnützigen Organisationen junge Menschen mit der Technologie, der Kompetenz und den nötigen Beziehungen ausstatten, damit diese eigene Unternehmen sprich Startups aufbauen und Arbeitsplätze für andere schaffen können.

Wir befinden uns mitten in einer neuen industriellen Revolution !

Damit auch das nächste „Daimler Benz“ oder in heutiger Zeit „Facebook“, „Google“ oder „Twitter“ in Deutschland gegründet wird, benötigen wir aus der Unternehmensperspektive ein interdisziplinäres Gründer-Mindset. Entrepreneurship ist kein reines BWL-Thema. Gerade in unserem Accelerator – und ich habe in den letzten 3 Jahren seit Aufbau des Accelerators ca 2500 Unternehmen kennengelernt – sind die erfolgreichen Unternehmen die, die interdisziplinär gegründet haben. Und ich meine hier nicht nur die Verbindung zwischen BWL und MINT sondern insbesondere auch unter Einbeziehung der bildenden Künste und Kunsthochschulen wie z.B. der UdK (Universität der Künste).

Der Club der weltweiten Unicorns wird immer größer und es geht immer schneller bis ein Startup von der Gründung aus einer Bewertung von 1Mrd US$ oder mehr erreicht – leider stagnieren wir hier in Deutschland und viele Startups gehen für ein weiteres Wachstum über den großen Teich in die USA. Copy Cat Modelle wie die, die von Rocket Internet und anderen Company Buildern in Masse produziert werden haben hierbei für mich wenig mit Innovation und Interdisziplinarität zu tun. Es geht hier letztendlich darum möglichst schnell in einem Verdrängungswettbewerb – und wir sind hier schon in einem klassischen Red Ocean – die Wettbewerber schlicht „platt“ zu machen und eine „First Mover Advantage“ zu erzielen um sich dann möglichst teuer von einem ausländischen Wettbewerber übernehmen zu lassen. Mit Carl Benz vor 150 Jahren hat das wenig zu tun.

Aber auf der anderen Seite haben Gründer in Deutschland sehr viele und große Chancen erfolgreich zu sein. Auch wenn die durchschnittliche Gründerquote seit Jahren laut Gründungsmonitor stagniert (Vgl. Metzger(2016) KfW Gründungsmonitor 2016, FFM) steigt das investierte Kapital von institutionellen Investoren seit 2012 von 567M€ auf 780M€ in 2015. Von den in Summe ca. 4000 gegründeten Technologie Startups in D in diesem Jahr fokussieren sich laut DSM – und auch hier ein Dank an Sven Ripsas für die klasse Arbeit – ca. 70% auf ein B2B Geschäft und es ist sicherlich nicht verwunderlich, dass dies in Stuttgart sogar ca. 87% sind.

Zusammenfassend:

Wir brauchen dringend interdisziplinäre Ausbildung um den nächsten Carl Benz und in Deutschland zu finden. Und dies tun wir nur, wenn wir gemeinsam die unternehmerische Kompetenz der Studierenden stärken.

Und ja: Es muß auch OK sein, wenn genau die, die das nächste Daimler Benz in Deutschland gründen wollen auch die universitäre Ausbildung abbrechen (auch ich selbst hab 18 Semester für Informatik gebraucht – war einfach zu langweilig im Vergleich zum eigenen Unternehmen…). Aus meiner und Unternehmens Sicht müssen wir die digitale Kompetenz der Kinder und Jugendlichen bereits in der Schule verbessern und stärken und Programmierung sowie weiterer, für das 21. Jahrhundert wesentliche Fertigkeiten, zum Beispiel digitale Kommunikation und Zusammenarbeit, computerorientiertes Denken und Problemlösungskompetenz, müssen in den Alltag der Schüler, Schulen und Lehrer Einzug halten.

Die Chancen erfolgreich in Deutschland zu gründen sind besser denn je zuvor. Lassen Sie uns gemeinsam dem Nachwuchs helfen, erfolgreich zu sein !

Dieser Blogartikel basiert auf meiner Keynote am Deutschen Entrepreneurship Education Campus am 9.12.2016 in Berlin und behandelt ein Thema was mir persönlich sehr wichtig ist.