Schauen wir uns als nächstes die Bewegtbild-Industrie an:

 

Nach der Disruption des Musikmarktes hat sich Apple mit der Videoindustrie den nächsten Markt ausgesucht, allerdings waren hier andere schneller.

  • YouTube hat den Quasi-Standard gesetzt, wie Fernsehen im Netz aussehen kann, wenn auch ohne ordentliches Geschäftsmodell und nicht immer unter Einhaltung der Urheberrechte. User Generated Content ist erst mit YouTube möglich geworden und das ehemalige Kiddies wie LeFloid irgendwann einmal Frau Bundeskanzlerin Merkel interviewen darf, hätte sich beim Start vermutlich niemand gedacht.
  • Intelligent kuratierte Content-Streams sind die Zukunft, Sendermarken sind von sekundärer Wichtigkeit – es geht um sinnvolles On-Demand und nicht darum, die Nutzer an Dachmarken zu binden. Lineares Fernsehen ist dabei nur noch Sinnvoll für Live Sportveranstaltungen oder die Tagesschau. Und selbst hier hat der „Red Button“ für eine Veränderung des Konsumverhaltens gesorgt. Während man sich früher bei olympischen Spielen der Gnade der Regisseure ausgesetzt sah, klickt man heute einfach zu den Sportarten, die einen interessieren. Soochi 2014 wurde so beispielsweise durch ein Cloudangebot von Microsoft einer breiten Masse an Zuschauern auf allen Devices nahegebracht.
  • Intelligente „Recommender Engines“ werden bei non-linear TV immer wichtiger. Warum wird mir heute nach Abschluss eines Films auf einer beliebigen Plattformen (Maxdome, Sky, Xbox, Apple) nicht automatisch der nächste, ähnliche Film vorgeschlagen, wie es auf YouTube schon seit Jahren Gang und Gebe ist ? Und warum wird Content künstlich geblockt, nur weil der zahlende Benutzer zufällig keine IP Adresse aus Deutschland hat ?
  • Cross-Plattform-Applikationen sind dabei so selbstverständlich erforderlich wie auch ökonomisch notwendig und es muss möglich sein, Filme die im Wohnzimmer gestartet wurden, auf den Mobile Devices zu Ende zu sehen.
  • Für die Anbieter von Content wird es immer wichtiger die Streams zu managen und in einem einfachen CMS in der Cloud anzubieten, welches auch noch die Konvertierung des Contents auf alle Endgeräte On-Demand bewerkstelligt. Ein gutes Beispiel hier ist die Plattform von nexx.tv, die u.a. bei Watch4 und Bunte.de zum Einsatz kommt.

Lassen Sie uns – last but not least – zum letzten ähnlichen Markt kommen: den Büchern.

 

Das digitale Wachstum kann hier nur als moderat bezeichnet werden, aber weshalb ist das so?

  • Print ist mitnichten tot – analog zur CD sind Bücher ein gelerntes und von den Kunden sehr geschätztes Produkt
  • E-Books sind per se nur für jene Mobilsituationen geeignet, in der sich der Leser voll auf sie konzentrieren kann, eine Berieselung ist hingegen nicht möglich (wie bei Audiobooks)
  • Lesen auf digitalen Ausgabegeräten ist noch nicht der Standard, die Geräte sind zudem noch immer zu schwer bzw. nicht komfortabel genug
  • Auch die Geschäftsmodelle verstricken sich um Urheberrecht und der Wahrung alter Modelle und sind nicht pfiffig genug – denn wieso gibt es eigentlich keine automatische Retro-Digitalisierung der eigenen heimischen Print-Bibliothek zu einem attraktiven Preis?
  • Die Bereitstellung des Long Tail-Contents sowie entsprechender Algorithmen noch nicht sehr weit fortgeschritten, die Rechteklärung ist auch hier ein Hinderniss

 

Der Beitrag ist entstanden in Zusammenarbeit mit Gerrit Pohl :

gpohl

Gerrit Pohl, 41, beschreibt seinen Beruf gerne mit „Mensch-Maschine-Aufgaben, umgarnt von Ökonomie, Strategie, Innovation und Dauerneugierde“.  Übersetzt bedeutet dies, dass er mehr als 13 Jahre in der Medienindustrie (Axel Springer, Gruner+Jahr) in Führungspositionen tätig war, ehe er 2013 zu Microsoft wechselte. Dort verantwortet Pohl als Manager die Bereiche „Go-to-Market“ und „Cloud New Audience“ und empfindet es als sehr erfüllend, die niemals endende digitale Transformation mit höchster Passion mitzugestalten. Zwischendurch war er auch Wissenschaftler an der Technischen Universität Darmstadt, Autor (u.a. Rolling Stone, Spiegel Online, Titanic, aber natürlich auch für diverse Journals für Wirtschaftsinformatik) und hat mehrere Lehraufträge inne. Kontakt gerne über gerrit.pohl@microsoft.com.